In der psychologischen Beratung und im Coaching spielen sogenannte «innere Antreiber» eine zentrale Rolle. Diese unbewussten Glaubenssätze treiben uns oft an und bestimmen, wie wir uns selbst und andere wahrnehmen, wie wir Entscheidungen treffen und mit Stress umgehen. Doch was sind innere Antreiber genau? Wie beeinflussen sie unser Leben und welche Methoden gibt es, um mit diesen Antreibern konstruktiv umzugehen?
Was sind innere Antreiber?
Innere Antreiber sind tief verankerte Glaubenssätze, die oft in der Kindheit entstehen und später als innere Stimmen in unser Erwachsenenleben hineinwirken. Sie fungieren wie eine Art unsichtbare Kommandos, die uns dazu bringen, bestimmte Verhaltensweisen immer wieder auszuführen. Kennen Sie Ihre inneren Stimmen und deren meist vorwurfsvolle Sätze Ihnen selber gegenüber? Zum Beispiel sind es Sätze wie «Das schaffst du nicht», «du bist nicht gut genug» etc.
Die Arbeit mit inneren Antreibern ist ein Prozess, der Zeit und Geduld erfordert. Durch die kontinuierliche Auseinandersetzung mit diesen Glaubenssätzen und inneren Dialogen können Menschen lernen, mehr Selbstfürsorge und Resilienz zu entwickeln. I
1. Entwicklung eines inneren Beobachters
Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu mehr Selbstakzeptanz ist die Entwicklung eines „inneren Beobachters“. Dieser ist die innere Instanz, die wertfrei wahrnimmt, was gerade geschieht, ohne sofort zu bewerten. In der Beratung lernen Klienten, sich selbst aus einer neutralen Perspektive zu betrachten und zu reflektieren: „Was fühle ich gerade?“, „Was denke ich über mich in dieser Situation?“. Dieser Perspektivwechsel hilft dabei, sich von den oft harschen und starken Stimmen der inneren Antreiber zu distanzieren und eine freundlichere Haltung zu erreichen.
2. Die innere Vielfalt anerkennen
Ein weiterer Ansatz ist das Erkennen und Anerkennen der verschiedenen „Stimmen“ oder „Persönlichkeitsanteile“ in uns. Neben den inneren Antreibern, die oft von Leistungsdruck und Angst geprägt sind, gibt es in jedem Menschen auch einen Anteil, der Erholung und Freude sucht. In der Beratung kann dieser freundliche, fürsorgliche Teil gezielt gestärkt werden. Ein Beispiel wäre, sich eine „innere Erlaubnis“ zu geben: „Ich darf Pausen machen und muss nicht alles perfekt machen.“ Diese Erlaubnis wird in der Beratung oft durch unterstützende Übungen, wie Visualisierungen oder Rollenspiele, verankert.
3. Umgang mit Rückschlägen und Selbstmitgefühl
Der Weg zu einem entspannten Umgang mit den inneren Antreibern ist selten linear und geht oft mit Rückschlägen einher. Insbesondere in stressigen Phasen können die alten Glaubenssätze und Antreiber wieder stark präsent sein. Deshalb ist es wichtig, dass Klienten lernen, mit sich selbst geduldig zu sein und Selbstmitgefühl zu entwickeln. In der Beratung wird oft daran gearbeitet, Selbstkritik durch Selbstmitgefühl zu ersetzen: Statt sich für „Fehler“ oder „Schwächen“ zu verurteilen, üben Klienten, sich selbst zu motivieren und sich wie einen guten Freund zu betrachten.
4. Schrittweise Veränderung der Verhaltensmuster
Ein zentraler Bestandteil der Beratung ist die allmähliche Veränderung der durch innere Antreiber entstandenen Verhaltensmuster. Dabei werden kleine, realistische Veränderungen im Alltag etabliert, die langfristig zu mehr Freiheit führen. Wer etwa unter dem Antreiber „Streng dich an“ leidet, kann sich das Ziel setzen, regelmässig bewusste Pausen einzulegen.
Oft sind es solche kleinen Schritte, die eine grosse Wirkung entfalten, weil sie den Klienten beweisen, dass Veränderung möglich ist, ohne das gesamte Leben radikal umkrempeln zu müssen. In der Beratung wird das Erreichen solcher kleiner Schritte verstärkt, um positive Erfahrungen zu verankern und die Motivation zu stärken.
5. Die innere Kommunikation verbessern
Ein weiterer Ansatz in der Beratung ist auch die Verbesserung der „inneren Kommunikation“. Statt sich von dem oft harschen Tonfall der Antreiber dominieren zu lassen, lernen Kunden, mit sich selbst freundlich und respektvoll zu reden.
Der Weg zur Selbstakzeptanz: Vom Müssen zum Wollen
Die Arbeit mit inneren Antreibern führt uns letztlich zur Erkenntnis, dass wir zwischen einem „Müssen“ und einem „Wollen“ unterscheiden können. Viele Menschen erleben ihre inneren Antreiber als unbewusstes „Müssen“ – „Ich muss perfekt sein“, „Ich muss allen gefallen“. In der Beratung geht es darum, diesen Automatismus zu durchbrechen und eine neue Sichtweise zu entwickeln.
Anstatt durch ein Gefühl des inneren Zwanges geleitet zu werden, können Klienten lernen, selbstbestimmte Entscheidungen zu treffen und ihre Energie gezielt für das einzusetzen, was ihnen wirklich wichtig ist. Aus einem „Ich muss es allen recht machen“ kann ein „Ich möchte gut für mich selbst sorgen und gleichzeitig in wertschätzendem Kontakt mit anderen sein“ werden.
Die Arbeit mit inneren Antreibern ist ein Prozess, der zu einer tieferen Selbstannahme und einem besseren Verständnis der eigenen Bedürfnisse führt. Wer diese Antreiber versteht und gezielt mit ihnen umgeht, kann innere Blockaden lösen, das eigene Verhalten bewusst gestalten und sich von unerwarteten Erwartungen befreien. Die psychologische Beratung bietet hierbei wertvolle Werkzeuge und Einsichten, die dabei unterstützen, diese oft unsichtbaren Treiber ans Licht zu holen.
Am Ende geht es darum, sich selbst mehr Freiheit zu schenken, die Kunst des Loslassens zu lernen und das Leben in der gewünschten Balance zu gestalten. Indem wir die inneren Antreiber würdigen, ohne uns von ihnen bestimmen zu lassen, finden wir den Weg zu einem erfüllten und selbstbestimmten Leben, in dem wir uns als wertvoll erleben.
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